Jean Tinguely kam am 22. Mai 1925 in Fribourg als Einzelkind auf die Welt. Seine Kindheit verbrachte er in Basel. Sein Elternhaus war sehr autoritär und katholisch geprägt. Jean entwickelte früh ein politisches Interesse. So wollte er mit 15 Jahren nach Griechenland reisen, um den antifaschistischen Kämpfern beizustehen – mit gestohlenem Geld aus der Pfadi-Kasse, wurde aber an der Grenze aufgegriffen. Ein Jahr später begann er eine Lehre als Dekorateur im Warenhaus Globus. Da er so undiszipliniert war, wurde er fristlos entlassen. Er konnte die Lehre trotzdem im Jahr 1944 beim Dekorateur Joos Hutter abschliessen. Dieser legte ihm auch den Besuch der Kunstgewerbeschule Basel ans Herzen. Dort lernte Tinguely Eva Aeppli kennen. Die beiden heirateten 1951 nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Miriam. Tinguely gestaltete als freischaffender Dekorateur in Basel und Zürich so ausgefallene Schaufensterauslagen aus Draht, dass diese von sich reden machten!

Miriam blieb bei Tinguely’s Eltern in Genf, als Jean und Eva 1953 nach Paris zogen. Tinguely entwickelte in der Impasse Ronsin, wo er mit Eva wohnte und arbeitete, sich selbst bewegende Reliefs und Skulpturen. 1959 erfand er seine Zeichenmaschinen, die Méta-Matics. Die Betrachter konnten zusammen mit den Maschinen Zeichnungen machen. Damit hinterfragte er das klassische Verhältnis von Künstler, Werk und Betrachter. Die Méta-Matic No. 17 wurde zur Sensation der Biennale von Paris und markierte den Höhepunkt seines Frühwerks.

Die Zerstörungsaktion Homage to New York im Garten des Museum of Modern Art von 1960 war ein Wendepunkt in Tinguelys Schaffen. Es handelt sich um das erste autodestruktive Kunstwerk überhaupt! In der Folge baute er lärmende Maschinen, die er grob aus Schrott und Alteisen zusammen schweisste.

Im selben Jahr hatte Tinguely auch seine erste Einzelausstellung in einem Museum. Privat trennten sich Eva und Jean. An ihrer Stelle zog Niki de Saint Phalle in die Impasse Ronsin ein. Trotzdem blieb Eva Aeppli eine wichtige Bezugsperson sowohl für Jean Tinguely wie auch Niki de Saint Phalle.
Den Durchbruch in der Schweiz feierte Tinguely mit der schwarz bemalten Heureka. Er schuf das Riesenwerk im Winter 1963/64 für die Landesausstellung «Expo» in Lausanne. Heureka wurde zum Wahrzeichen der Landesausstellung und leitete die neue Werkphase der schwarz bemalten Arbeiten ein. Heute steht sie in Zürich am See.

1970 startete er mit seinen Freunden ein langjähriges Gemeinschaftsprojekt. In einem Waldstück in Milly-la-Forêt bei Paris arbeitete er am riesigen Le Cyclop. Hier für suchte er sich einen Assistenten. Bedingung: dieser musste schwindelfrei sein und schweissen, Auto fahren und jassen können. Vorgesehen war eine Anstellung für einige Monate. Der gelernte Schlosser Josef Imhof blieb dann aber bis zu Jeans Tod dessen Assistent.

1971 heiraten Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely. 1973 brachte Micheline Gygax Jeans zweites Kind Milan zur Welt.

Im Herbst 1978 entstand seine erste Méta-Harmonie. Tinguely fügte Musik- und Schlaginstrumente ein und liess die vielen Räder der Maschine von Motoren antreiben. Fortan gehörte auch der Klang zum Werk. Höhepunkt der Méta-Harmonien bildet die begehbare Grosse Méta-Maxi-Maxi-Utopia.

Ab 1981 finden sich immer wieder Tierschädel in Tinguelys Kunst. Er beginnt sich vermehrt mit dem Tod auseinanderzusetzen. Konsumprodukte, farbige Leuchtmittel und Schädel charakterisieren die Arbeiten der 1980er Jahre.

Jean begeisterte sich stets für Autorennen und hohe Geschwindigkeiten. Diese Leidenschaft spiegelt sich in zentralen Werken: sei es in der Fontaine Jo Siffert in der Stadt Fribourg oder in der Skulptur Pit-Stop, die aus zwei Formel-1-Wagen im Auftrag der Firma Renault entstand.

In der Nacht des 26. August 1986 erlebte Tinguely einen Brand eines Bauernhofs in seinem Wohnort Neyruz mit. Aus den Überresten des Brandes schuf Tinguely sein zentrales Spätwerk, den Mengele-Totentanz. Dieser wurde während seiner Retrospektive in der Kirche San Samuele in Venedig installiert.

Tinguelys Gesundheitszustand verschlechterte sich im Januar 1989 und er kam wegen Herzproblemen erneut ins Krankenhaus. Am 20. August 1991 erlitt er einen Herzinfarkt und verstarb zehn Tage später im Spital in Bern.
Zu seinem Begräbnisumzug am 4. September in Fribourg kamen mehr als 10.000 Menschen. Die Geburt seines dritten Kindes mit Milena Palakarkina, Jean Sébastien im Jahr 1992 erlebte er leider nicht mehr.

Artikel und Video zur Verfügung gestellt vom Museum Tinguely. In diesem Museum werden immer wieder Anlässe in Gebärdensprache durchgeführt.

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